Die geheimen Protokolle der ÖVP-Weisen von Wien*

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*Die folgende Satire sei all jenen Menschen gewidmet, die den Mut hatten bei den öffentlichkeitswirksamen Aktionen gegen die Corona-Maßnahmen mitzuwirken

Eine neue Verschwörungstheorie von Schwurblern und Aluhutträgern verunsichert die österreichische Bevölkerung – Der ORF klärt auf

Es kursiert eine neue krude Verschwörungstheorie im Netz: Die Spitze der ÖVP, allen voran der Bundeskanzler Sebastian Kurz, hätte einen geheimen Plan zur Machtergreifung ausgeheckt. Demgemäß wäre von den Verschwörern zum Sturz des damaligen Vorsitzenden und Vizekanzlers Reinhold Mitterlehner der “Geheimplan Ballhausplatz“ entwickelt worden. Um Sebastian Kurz an die Partei- und Staatsspitze zu bringen, hätte man – so die abstruse Annahme der Aluhutträger und Demokratieleugner –  manipulierte Umfragen mit Steuergeld in Boulevard-Zeitungen veröffentlichen lassen. Damit sei sowohl die ÖVP als auch die Wählerschaft dahingehend getäuscht worden, dass kein Weg an Sebastian Kurz vorbeiführen würde. Damit in Zusammengang wird von den gleichen Schwurblern und Realitätsskeptikern das Gerücht verbreitet, dass auch die meisten anderen Medien mit Regierungsinseraten und anderen Zuwendungen korrumpiert worden seien und diverse Medien (auch der ORF) durch Postenbesetzungen gleichgeschaltet wurden und daher nur mehr Hofberichterstattung liefern würden. Die Beweise hierfür seien geheime Verträge und nicht veröffentlichte Chat-Protokolle.

Diese Verschwörungstheorie hat bereits so weite Kreise gezogen, dass sich sogar namhafte Künstler davon haben beeinflussen lassen und nun in der Öffentlichkeit die Meinung vertreten, dass hier alles auf den Tisch müsse. Um ihrer Forderung nach einer polizeilichen Untersuchung und juristischen Konsequenzen Nachdruck zu verleihen, starteten diese unter dem Hashtag #allevorgericht eine Aktion, bei welcher sie in Youtube-Videos mit wissenschaftlichen Experten (Juristen, Kriminalisten, Politikwissenschaftlern und Kommunikationsexperten) diese Fragestellungen und Vorwürfe diskutierten.

Um die Bevölkerung hinsichtlich dieser abstrusen Verschwörungstheorie aufzuklären, behandelte der ORF dieses Thema mit einer hochkarätigen Expertenrunde. Moderiert wurde diese Diskussion von Martin Thür, der sich mit der Präsentation hochwissenschaftlicher Veranstaltungen, wie z.B dem Goldenen Brett (Die Verleihung des Goldenen Brettes an Sucharit Bhakdi), bereits seine Lorbeeren in der Aufklärungsarbeit verdient hat.

Die Expertin für Verschwörungstheorien und Hass im Netz, Ingrid Brodnig, stellte gleich am Beginn fest: „Dies ist eine sogenannte weiche Verschwörungstheorie. Da sie keine fantastischen Elemente enthält, wird sie relativ leicht geglaubt. Genau deshalb ist sie eine Art Einstiegsdroge für Verschwörungsgläubige. Mit anderen Worten: Wer an eine solche Verschwörungstheorie glaubt, lebt dann auch bald in dem Wahn, dass wir von den Echsenmenschen, den Muslimen oder den Zionisten regiert werden. Wenn in Ihrem Bekanntenkreis jemand an die Kurz-Verschwörung glaubt, dann suchen Sie bitte das vertrauliche Gespräch, stellen Sie Fragen, wie z.B.: Aus welchen Quellen hast du diese Information? Gibt es eine offizielle Bestätigung dafür?“ Auf die Frage von Martin Thür, welche Gefahren in solchen Verschwörungsmythen liegen, antwortete die Expertin: „Mit solchen Theorien werden gefährliche Narrative in der Gesellschaft verbreitet, wie z.B. dass Politiker kriminell seien oder dass die Medien uns belügen würden. Genau dieses Narrativ der Lügenpresse wurde in der sogenannten Flüchtlingskrise 2015 von rechtsextremen Gruppen verbreitet. Wer also die Leitmedien kritisiert, bewegt sich in der Narrativebene des Rechtsextremismus. Diese Menschen wollen unsere Gesellschaft spalten. Wenn Sie diese Menschen in Ihrem Umfeld also nicht von der Unhaltbarkeit ihrer Annahmen überzeugen können, dann sollten Sie den Kontakt zu diesen Leuten abbrechen.“

Unterstützung erhielt Frau Brodnig von Werner Gruber: „Ja, das persönliche Gespräch ist ein ganz wichtiger Faktor. Entscheidend sind hier aber sowohl die Vorbereitung als auch die Dauer des Gespräches. Ich habe das mittels Exponentialgleichung genau berechnet, das habe ich nämlich als Experimentalphysiker gelernt (https://goldene-nase.org/werner-gruber/). Vereinfacht gesagt, verhält sich mit dem Gespräch genauso wie die Zubereitung eines Gansls: Entscheidend ist die richtige Präparation der Gans und die richtige Bratzeit damit die Haut schön knusprig wird.“

Live zugeschalten war sogar Angela Merkel, die eine kurze und prägnante Botschaft vermittelte: „Glauben sie nur offiziellen Quellen! Es gibt bei uns Menschen, die für Fakten unempfänglich sind und unsere Gesellschaft spalten wollen. Glauben Sie mir, wir schaffen das!“

Martin Thür erläuterte daraufhin, warum der nächste Gast, nämlich Thomas Wannenmacher, der Chef der Faktenchecker-Plattform Mimikama, in diese Runde eingeladen worden war. „Es ist ja bekannt, dass viele Journalisten gar nicht mehr die Zeit haben selbst zu recherchieren. Diese Tätigkeiten werden heutzutage von Recherche-Plattformen und Faktencheckern übernommen. Um den Zusehern einen Einblick in die Wahrheit zu vermitteln, wird uns nun Herr Wannenmacher ausführen, was von dieser Verschwörungstheorie und ihren Anhängern zu halten ist.“

Der Faktencheck von Mimikama gliederte sich nach diesen Ausführungen folgendermaßen:

1) Realitätscheck: Es gibt keine Studie und keinen offiziellen Ermittlungsbericht über diese Vorgänge. Allein das spricht schon dafür, dass es sich hier um reine Fake-News handelt. Zusätzlich haben wir direkt bei den betroffenen Medien angerufen. Alle Verantwortlichen bestreiten diese Vorwürfe. Darüber hinaus sind wir ja immer wieder bei unseren Verhandlungen über die öffentlichen Förderungen für Mimikama im Gesundheitsministerium. Wir haben dort bei jedem Besuch die Gelegenheit genützt um mit Regierungsmitgliedern und Beamten direkt über dieses Thema zu sprechen. Auch alle unsere Gesprächspartner haben diese Anschuldigungen als krude Verschwörungstheorie bezeichnet.

2) Kompetenzcheck: Keiner der Mitwirkenden verfügt über die ausreichende Kompetenz um hier eine wissenschaftlich tragbare Expertise zu erstellen. Noch niemand von diesen Leuten hat über dieses Thema eine durch Peer Review geprüfte, wissenschaftliche Publikation verfasst. Auch die Altersstruktur der mitwirkenden Experten zeigt deren fachliche Inkompetenz. Es gibt hier nämlich junge Akademiker (20-35), mittelalte Akademiker (35-55) und alte Akademiker (55-88). Die jungen Wissenschaftler haben noch zu wenig Erfahrung in ihrem Fach um hier wirklich kompetent mitreden zu können. Die mittelalten Akademiker sind durch die Midlife-Crisis psychisch herausgefordert und die alten Akademiker sind viel zu senil bzw. nicht mehr up-to-date in ihrem Fach.

3) Nazicheck: Der eigentliche Hammer war aber die Überprüfung des politischen Hintergrundes der Mitwirkenden. Tatsächlich konnten wir in Erfahrung bringen, dass einer der Mitwirkenden einen Cousin hat, der wiederum jemanden kennt, der verdächtigt wird Mitglied in einer rechten Vereinigung zu sein. Daher lag sofort der Verdacht nahe, dass es sich bei den Protagonisten dieser Aktion um Neonazis handelt. Wir haben somit die Lebensläufe der beteiligten Personen gründlich überprüft und sind dabei sogar bis in deren früheste Kindheit zurückgegangen. Das Ergebnis: Spätestens in deren Windelzeit konnten wir bei allen braune Flecken nachweisen.

Das Fazit der Faktenchecker: Wenn Sie solchen Unsinn im Netz lesen, dann denken Sie an unseren Leitsatz: Zuerst denken, dann klicken!

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) ergänzte: „Das stimmt. Teilen Sie nicht solche Postings. Wenn Sie jemanden kennen, der solche Theorien verbreitet, dann wenden Sie sich an unsere Polizistinnen und Polizisten. Wir Türkisen sind schon sozial, aber wir können auch in vielen Farben leuchten. Wenn wir rot sehen, dann nehmen wir uns einen blauen Anwalt und der wird auch die Sozialhilfeempfänger solange verklagen bis sie schwarz sind.“

Für die Medizin kam der Präsident der Ärztekammer, Thomas Szekeres (Thomas Szekeres – Großinquisitor), zu Wort: „Das passiert nur, weil unsere Durchimpfungsrate nicht hoch genug ist. Es muss die gesamte Bevölkerung durchgeimpft werden, dann kommen diese Aufwiegler auch nicht mehr auf dumme Ideen. Meine Freunde in der Pharmaindustrie entwickeln gerade eine Pille mit der werdende Mütter auch ihre Embryos impfen können. Und wehe, wenn irgendwelche Ärzte dieses Produkt nicht ausreichend propagieren oder gar Antiwerbung machen. Die kommen alle vor unsere Disziplinarkommission.“ Auf die Frage der Sorgen einiger Teil der Bevölkerung hinsichtlich der möglichen Impfnebenwirkungen, antwortete er: „Keine Angst. Auf der Intensivstation liegen keine Geimpften, ich bin der Präsident der Ärztekammer und weiß das ganz sicher. Das heißt: Mit der Impfung sorgen Sie für Ihre gesundheitliche Sicherheit.“

Die gesamte Expertenrunde konnte sich darauf einigen, dass die Anhänger der Kurz-Verschwörungstheorie über eine optimierungswürdige Psyche verfügen. Prägnant brachte dies wieder Ingrid Brodnig auf den Punkt: „Es gibt Untersuchungen, die zeigen, dass solche Verschwörungsgläubige den Bezug zur Realität verloren haben. Sie sehen Zusammenhänge, wo keine Zusammenhänge sind und sie leben in einem Auserwähltheitsglauben, das heißt, nur sie hätten den Zugang zur Wahrheit und der Rest der Menschen wird durch manipulierte Medien für dumm verkauft. Sie legitimieren ihre Minderheitenmeinung und immunisieren ihre Verschwörungserzählung mit der unhaltbaren Behauptung, dass diese einseitigen Medien ihre Position entweder gar nicht oder nur sehr verzerrt präsentieren würden. Deshalb sind Aufklärungssendungen wie diese so wichtig. Alle Experten in dieser Runde sind sich einig, dass es sich bei der Kurz-Verschwörung um einen ausgemachten Unsinn handelt. Wenn wir nicht jene Experten wären, die den Zugang zur Wahrheit haben, dann hätten uns solche seriösen Medien wie der ORF nicht eingeladen. Und weil diese Medien den Zugang zur Wahrheit vermitteln, stimmt auch das was wir sagen. Falls Sie also jemand in Ihrem Bekanntenkreis mit einer solchen medialen Verschwörungserzählung behelligt, dann stellen Sie ihm ruhig die Frage, ob er als Laie wirklich glaubt, dass er und seine fragwürdigen Alternativmedien wirklich mehr wissen als die ausgewiesenen Experten.“

Am Schluss der Sendung ging Martin Thür noch auf die Zusehermeinungen im Chat ein. Herausgegriffen sei hier der Kommentar von Aluhut666. Dieser beklagte die Zusammensetzung der Expertenrunde, weil es merkwürdig sei, dass kein Anhänger der Kurz-Verschwörungstheorie eingeladen war. Darüber hinaus sei angeblich kein einziges der Argumente der Verschwörungsgläubigen in der Runde diskutiert bzw. widerlegt worden. Dieser Kommentar löste in der gesamten Runde ein herzliches Gelächter aus. Noch bevor Martin Thür darauf eingehen konnte, konterte Ingrid Brodnig: „Genau an dieser Zusehermeinung sehen Sie, welchen Schaden Verschwörungstheorien in der Gesellschaft anrichten. Diese schüren das Misstrauen gegenüber den seriösen Leitmedien und der Wissenschaft und verunsichern somit die Menschen. Solchen Theorien, die Hass im Netz und falsche Narrative verbreiten, dürfen wir in den Medien keinen Raum geben. Einen Vertreter dieser Verschwörungstheoretiker einzuladen, wäre ein klassischer Fall von False-Balance. Außerdem handelt es sich hier, wie auch unsere Faktenchecker festgestellt haben, ohnehin um Rechtsextreme, und mit denen braucht man nicht zu diskutieren.“ Wiederum bekam Frau Brodnig Unterstützung von Werner Gruber, der zum Abschluss feststellte: „Die Wissenschaft hat hier auch eine ganz klare Antwort. Ich habe daher die Zusammensetzung dieser Runde mittels Exponentialgleichung genau berechnet, das habe ich nämlich gelernt. Um beim vorigen Vergleich zu bleiben: Auch so eine Expertenrunde ist wie ein Ganslessen. Es kommt nicht nur auf die Bratzeit, sondern auch auf die Beilagen an. Es nutzt gar nix, wenn die Haut zwar knusprig ist, aber Sie statt dem Rotkraut Pommes servieren. Das passt einfach nicht und wird Ihren Gästen bzw. Zusehern einfach nicht schmecken und vermutlich auch schwer im Magen liegen.“

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